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You live you learn

Da hat sie wohl Recht die Frau Morrissette, auch wenn uns das manchmal als etwas absurd erscheint. Neues ist oftmals erschreckend, ungewohnt (nona) oder auch beängstigend. Als ich unlängst mit jemandem der Psychologie studiert über das Zuspätkommen ansich sprach, hatte dieser jemand eine sehr passend wenn auch erschreckende Erklärung parat: Angst vor dem wohin man geht. Angst vor dem was kommt. Erschreckend weil erschreckend klar und deutlich.

Seit ich mich mit Computer beschäftige hat sich ständig etwas bewegt, kam ständig etwas neues und es ist kein Ende in Sicht. Gerade das Aufkommen von Social Software als Paradigma ist definitiv soetwas Neues. Und auf der technischen Front kann man ja sowieso kaum mithalten. (Nota bene: für uns Menschen ist es scheinbar unerheblich ob das "Neue" etwas "Altes" in neuen Kleidern ist, die Renaissance hatte ja auch den Nimbus des Neuen).

Seit ich mich mit Computern beschäftige hatte ich auch immer das Problem bei Verwandten und Bekannten als Ratgeber herangezogen zu werden. Wenn also ein neuer Computer angeschafft wurde, so fragt man jemanden um Rat der das wohl besser wissen sollte. Wenn irgendwas nicht funktioniert und man (auf Grund der eindeutigen Berichterstattung in den Medien) selbstverständlich annimmt es handle sich dabei um einen Virus, dann wird der Mensch gerufen der sich nach landläufiger Meinung "mit Computern auskennt". Auch wenn der Virus wieder einmal nur ein simpler Irrtum in der Bedienung war, in sicheren Händen klappt einfach alles besser.

Dabei finde ich solche Tätigkeiten in manchen Momenten mühsam und anstrengend, in den meisten Fällen aber sehr bereichernd. Weil sie für einen kurzen Moment eine Sichtweise darauf erlauben wie man Computer wahrnimmt wenn man nicht tagtäglich damit oder dafür arbeitet. Eine Sichtweise auf Technik die jener der breiten Bevölkerung vermutlich deutlich näher ist als die eines Technikverliebten, der als Broterwerb den Tag damit zubringt in eine "eckiges Kastl" zu blicken.

Auch hier macht der Vergleich sicher: eine ganze Menge Software ist schlicht unbenützbar, heillos kompliziert und macht einfachste Aufgaben (zB eine Datei an ein Email anzuhängen) unnötig schwer. Aber natürlich gibt es in diesem Vergleich auch eine menschliche Komponente. Und die ist Ursache für wunderbare Erlebnisse.

Wenn zB eine Pensionistin, weit über 60, kurz davor eine künstliche Hüfte zu erhalten, vor 1 Jahr ihren ersten Computer bekommen hat (ein Notebook, wegen dem Platzbedarf), davor nur mit Computern zu tun hatte die Lochkarten verarbeiten sollten und dann lange Jahre in einer leitenden Position tätig war, aber die Computerrevolution allein auf Grund ihres Alters nicht mitbekommen hat. An ihrer Seite steht ihr Ehemann, ein Techniker, der bei einem großen Industriekonzern in der Entwicklungsabteilung "Neues" erfunden hat.

Nach nur einem Jahr unregelmässiger Arbeit mit dem Computer (der sogar ins Sommerhaus mitkommt, wo ortsbedingt nur eine Internetverbindung per 56K Modem zur Verfügung steht, sehr zum Leidwesen der Inhaberin) besitzt diese Dame eine Neugier und ein Verständnis für Software, wie sie mich nur immer wieder verwundert.

Vor kurzem wurde für den Urlaub in Laos und Kambodcha eine neue Digitalkamera angeschafft. Mit richtigem Sucher, relativ groß und von Sony. Wegen der Handhabbarkeit und der Gewohnheit. Aus dem Urlaub zurückgekommen mit 2 Memory Sticks voll mit Fotos (778 an der Zahl) gibt es also die unvermeidliche Foto Lektion. Fotos auf den Computer übertragen, Fotos editieren, verschicken und veröffentlichen. Ich habe mich gefürchtet, hatte Angst. Ein so großes Thema, mit so vielen Tücken ausgestattet. Das hätte schwierig werden können.

Wurde es aber nicht. Zuerst der Versuch die mitgelieferte Software von Sony, das Picture Package, zum Einsatz zu bringen. Nach einigen Schwierigkeiten dann doch Picasa (endlich in Deutsch!) installiert. Und plötzlich wurde der gesamte Prozess zu einer einzigen Freude. Bereits nach kurzem ist die Handhabung vollkommen klar, einige wenige Funktionen sind notwendig (Kontrast, aufhellen, Scharf stellen, zuschneiden) und schon sind sowohl sie als auch ihr anfangs skeptischer Ehemann begeistert.

Kurze Zeit später eine erneute Einheit, es waren einige Fragen aufgetreten, da bemerke ich: es werden bereits Fotos verschickt und bearbeitet als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt. Der Höhepunkt der Einheit ist, als während dem Bearbeiten eines Fotos sich plötzlich Skype öffnet und eine Freundin (ebenfalls Pensionistin) anruft. Kurz wird diskutiert, dass es jetzt nicht ginge, ob man sich später hören könne. Kein Problem, die Freundin "bleibe online". Eine halbe Stunde später ruft der Schwiegersohn aus Brüssel an. Ebenfalls über Skype. Sie sagt "Würde das mit dem Videotelefonieren besser gehen, das wäre optimal". Ich bin vollkommen begeistert.

Nicht nur, dass sich zwei Menschen die schon so viele Technologien erlebt haben darauf eingelassen haben etwas Neues zu versuchen, wird diese Technologie auch noch vollkommen selbstverständlich eingesetzt. Ohne Berührungsangst.

Das größte Problem ist übrigens in diesem (und auch in zahlreichen anderen Fällen, bei meiner Mutter angefangen) die Bedienung der Maus. Sowohl das Zeigen und Auswählen als auch Rechtsklicken machen große Schwierigkeiten. Mich würde der Versuch interessieren wie eine Apple Maus angenommen wird.
Dieser Beitrag wurde am Montag, 30. Januar 2006, 21:00 verfasst und hat 2 Kommentare. Sie können ihn kommentieren oder über Trackback sowie den Permalink darauf Bezug nehmen.



Kommentare
#   30. Jan, 22:00   muesli
"Dabei finde ich solche Tätigkeiten .. in den meisten Fällen .. sehr bereichernd."

-> wenn ich das nächste mal ein computerproblem habe, ruf ich dich an! ;-)
#   31. Jan, 18:05   docvoo
vielen dank für diesen beitrag.