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Air Post

Da gehen also zwei Unternehmen an die Börse, ganz normal, passiert jedes Jahr mehrere Male, manchmal unter größerer Aufmerksamkeit, manchmal fast geheim im Stillen und doch erfolgreich.

Die Österreichische Post wird zur Volksaktie hinstilisiert (wie schon seinerzeit die Telekom Austria), ist vielfach überzeichnet und kann den Ausgabekurs ans obere Ende der Spanne bewegen und ist zufrieden.

Air Berlin erlebt vor einiger Zeit eine Zwischenniederlage. Keiner will sie, die Aktien, für die sogar Johannes B. Kerner in den Ring gestiegen ist.

Wenn man beide Unternehmen aus der Perspektive eines Kunden kennt, dann muss man zur Auffassung gelangen, dass Märkte (und damit Anleger) manchmal etwas seltsam reagieren.

Die Post ist ein Traditionsunternehmen, was bedeutet, dass wie in allen ehemals verstaatlichten Unternehmen ein großer Teil der Mitarbeiter pragmatisiert (also unkündbar) ist, oder zumindest einen ähnlichen Status geniesst. In den vergangenen Jahren wurden massiv Mitarbeiter abgebaut, die Postämter neu gestaltet und das Sortiment ausgeweitet. Anstatt wie früher in ein Postamt mit 7 Schalterbeamten zu kommen, deren Aufgabe Postlogistik und Gelddienstleistung ist, sehen die Postämter nun aus wie eine Mischung aus Telekomshop, Greißler und Papierwarenhandlung.

Es gibt alles, vom Handy, über Kuverts, bis hin zur CD mit volkstümlicher Musik. Fehlt nur noch der Liter Milch, aber das kommt auch noch. Die Strategie die verlautbart wurde könnte schwammiger nicht sein: "Man muss den Point of Sale besser ausnützen". Warum sollen Postbeamten nicht auch Versicherungen verkaufen, Reisen verkaufen oder den Müll einsammeln? (Auch wenn das erfunden klingt, erstere beide Optionen wurden tatsächlich erwogen.)

Und das schlimmste: im Logistik Markt hat die Öffnung noch nicht mal richtig begonnen. In fast allen anderen Ländern gibt es bereits alternative Dienstleister, die in Service und Preis meist deutlich besser liegen. Das hat Österreich noch vor sich.

Dem entgegen Air Berlin, ein junges Unternehmen, in einem extrem kompetitiven Markt, mit einem klar abgegrenzten Profil und einer wunderbaren Dienstleistung. Durch unsere stärkeren Deutschlandaktivitäten in letzter Zeit hatte ich viel Gelegenheit verschiedene Fluglinien auszuprobieren, von Germanwings und HLX über Austrian und eben Air Berlin. Und AB gewinnt. Bei weitem. Ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Und dennoch findet ein Run auf die Post Aktien statt. Aus gutem Grund? Manchmal zweifle ich.
Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 7. Juni 2006, 08:26 verfasst und hat 7 Kommentare. Sie können ihn kommentieren oder über Trackback sowie den Permalink darauf Bezug nehmen.



Kommentare
#   7. Jun, 09:09   kayjay
in fluglinienaktien würde ich auch nicht investieren, vorallem in airberlin nicht, dessen kostenstrukturen nicht wirklich durchschaubar sind.
#   13. Jun, 10:41   smi
ohne klugscheissern zu wollen, aber die kostenstruktur und wertschöpfungskette eines logistikdienstleisters ist nicht wesentlich simpler als die einer fluglinie.
#   7. Jun, 09:47   Johannes Lerch
Aktienmärkte haben nun wirklich nicht viel mit Betriebswirtschaftlichen Überlegungen zu tun (va. wenn es um sogenannten 'Volkasaktien' [welch grauslicher Begriff übrigens] geht), sondern viel eher mit Fantasie und Emotion. Genau deswegen sind sie auch so schwer einzuschätzen.
#   13. Jun, 10:42   smi
stimmt schon, dass das emotionale element nicht zu vernachlässigen ist, aber generell kann man schon einen (volks-)wirtschaftlichen zusammenhang feststellen und nachweisen. ein gewisses restrisiko bleibt ja immer.
#   7. Jun, 10:44   muesli
ich würde beide nicht kaufen.

trotzdem: börsenbewertung ist zukunftsbewertung. und da gibt es IMHO einen wesentlichen unterschied: die post hat im gegensatz zu air berlin im wahrsten sinne des wortes inmobile assets.

dh. will jemand air berlin verdrängen, dann tut er das über preis und marketing. will jemand in den markt der post (geografisch gesehen), dann steht schnell eine zusammenarbeit oder übernahme im raum.

das potential des post-filialnetzes wird von der börse also für hoch gehalten. und dass das aktuelle serviceniveau (noch) niedrig ist, spricht möglicherweise eher für dieses zukunftspotential als dagegen.
#   13. Jun, 10:46   smi
ich auch nicht (habe es auch nicht getan). aber die argumentation mit den immobilen assets verstehe ich nicht, denn assets sind immer nur so viel wert wie deren bewirtschaftung erbringt.
würde es sich um immobilien in bester lage handeln (was in ländlichen gemeinden relativ ist), dann könnte man noch einen gewissen wert unterstellen.

aber die drastische veränderung der gesamten logistikdienstleistung zeigt eher einen weg der von fixen standorten mit hohem personaleinsatz wegzeigt.

ich verweise an dieser stelle nur an das schicksal von konsum, ebenfalls mit guten immobilen assets gesegnet, trotzdem pleite.

und das potential liegt wohl kaum im filialnetz.
#   8. Jun, 19:04   uebue
die post bringt allen was.
hoffentlich bringt mich airberlin bald weg von hier!