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Social Software - ein Definitionsversuch

Wie bereits erwähnt war eines der besten Ergebnisse der Euroblog 2006, die leider mangels funktionierendem WLAN kein Konferenzblogging zuließ, ein Definitionsversuch den Jan Schmidt, Olaf Nitz und ich diskutierten. Warum überhaupt eine Definition? Weil der Begriff Social Software immer üblicher wird und uns in der Diskussion als "Container" dient, der jedoch gar nicht oder unzureichend definiert ist.

Es gibt den Definitionsansatz von Clay Shirky der sagt:
  • Social Software behandelt Gruppen von Menschen anders als Paare von Individuen
  • Social Software behandelt Gruppen von Menschen als primäre Objekte innerhalb des Systems
er bezieht sich auch auf die soziale Dynamik und die starke Rolle des sozialen Netzwerkes im Rahmen von Social Software.
  • Support for conversational interaction between individuals or groups
  • Support for Social Feedback
  • Support for Social Networks
Tatsächlich sind dies aber nur Ansatzpunkte die nicht helfen Grenzen zu ziehen, Grenzen die aber notwendig sind, zB Email von der Art von Software zu unterscheiden die wir meinen wenn wir über SoSo sprechen. Und das bedeutet nicht, dass Podcasting automatisch SoSo ist, sondern dass auch manche Podcasts wenn sie gewisse Charakteristika nicht aufweisen, simple Rich-Media-Websites sein können. Das Ziel einer Definition muss es sein, unabhängig von technologischen Grundlagen zu sein, sondern sich tatsächlich mit sozialen und technischen Merkmalen zu beschäftigen.

Jan hat seine Definition eingebracht (die auch in Kürze veröffentlicht werden), in der er davon ausgeht, dass Social Software folgende drei Zwecke für den Nutzer erfüllt:
  • Information Management
  • Identitätsmanagement
  • Beziehungsmanagement
Zur Klärung: mit Information Management ist gemeint, dass alle Daten die in einem Kontext stehen Information sind und Social Software hilft mit diesen Informationen umzugehen, sie zu managen. Der Begriff ist aus meiner Sicht etwas irreführend, weil er im Sinne einer technischen Richtung verwendet wird und daher relativ gut definiert ist. Vielleicht ist es eher Personal Information Management, welches mit Weblogs, Wikis & Co. betrieben wird. Identitäts- und Beziehungsmanagement sind sehr stark verbunden, in der Tat finde ich, dass das aufbauen einer persistenten Identität über Social Software einer der interessantesten Aspekte ist.

In der Diskussion haben wir noch zwei weitere Bedingungen hinzugefügt:
  • Zugang für (Teil-)Öffentlichkeiten
  • Persistenz
Denn welchen Zweck erfüllt eine "soziale" Software wenn sie nicht zumindest für einen Teil der Öffentlichkeit verfügbar ist und damit erst sozial wird? Und auch das Faktum, dass so viel dieser Conversation gespeichert wird, verfügbar ist und noch dazu über Permalinks referenziert werden kann, ermöglicht erst die asynchrone Kommunikation, die die soziale Ebene konstruiert. Wie oben bereits erwähnt ist die Persistenz auch eine Bedingung für die Identitätsbildung, denn das Archiv ist die wirksamste Art der Identität.

Ein paar Beispiele:
  • Weblogs sind SoSo, da sie persistent sind, in den meisten Fällen teilöffentlich, Identität stiften, Beziehungen ermöglichen (oder sogar begünstigen) und Information darstellen, die Personen helfen damit umzugehen oder zu arbeiten (sie zu sammeln, weiterzuverwenden, etc.).
  • Social Bookmarking Services wie del.icio.us haben offensichtlich die selben Charakteristika, PIM ist hier noch stärker ausgeprägt, das Beziehungsmanagement dafür eher schwach (zB nur durch das Fakt, dass man Personen findet, die ähnliche Bookmarks gesetzt haben oder auf del.icio.us anderen Usern mit dem for: Feature Bookmarks pushen kann und damit eine Beziehung ausdrückt).
  • Ist Email SoSo? Nein. Email ist persistent, stiftet Identität, ermöglicht Beziehungen, dient zur Verarbeitung von Information aber bei der Verwendung als one-to-one Medium nicht zugänglich für Teilöffentlichkeiten. Strittig ist hier noch die CC Zeile eines Emails, Social Software oder nicht?
  • Sind Mailinglisten Social Software? Ja.
Auf diese Weise lässt sich sehr schön feststellen, was SoSo ist und was nicht, dennoch bin ich der Ansicht, dass die Definition noch einfacher, kompakter und besser werden muss, nicht um eine Abgrenzung durchzuführen, sondern um darüber reden und damit arbeiten zu können, um das Phänomen zu erfassen, ohne einteilen zu müssen.

Was ist also mit der Definition von Shirky? In wieweit sind die Aussagen zutreffend, wie können sie eingeordnet werden, kann die Definition besser, hilfreicher sein? Ein Versuch:

Die ersten beiden Aussagen über die unterschiedliche Behandlung von Gruppen im Vergleich zu Paaren von Individuen und den Fokus auf Gruppen von Menschen sind vermutlich zu wenig konkret um als Definition verwendet werden zu können, aber sie sprechen die Teilöffentlichkeiten in der obigen Definition an. Es geht also offensichtlich um eine Art von Software, die nicht auf einer One-to-One Kommunikation aufbaut, sondern mit mehreren Adressaten rechnet.

Das soziale Feedback und die Interaktion sind definitiv wichtige Punkte, weil sie sowohl für das Beziehungs- und Identitätsmanagement eine wesentliche Rolle spielen und auch durch Hinweise von Lesern zum Personal Information Management beitragen können. Die inhärente Beziehung zu sozialen Netzwerken ist auch ein klarer Zusammenhang zum Beziehungs- und Identitätsmanagement, also sieht es aus als ob die Definitionen gut übereinstimmen.
Dieser Beitrag wurde am Samstag, 18. März 2006, 16:09 verfasst und hat noch keine Kommentare. Sie können ihn kommentieren oder über Trackback sowie den Permalink darauf Bezug nehmen.